20.000 refugees in 50 hours

Munich, 05.09.2015: 20.000 refugees arrive this weekend in trains from Austria and Hungary in Munich. They are welcomed by the people of Munich with enthusiastic applause. The cooperation between the authorities and the volunteers is well organized.

 

The trains stop directly next to the north part of Main Station. From there, the refugees pass through a corridor into the main hall. Inside the building, they receive medical care, get food, water and clothing. Now the journey continues in shuttle buses to the shelters. During the night to Monday additional 3300 beds have been set up in Munich. Slowly the city reaches its limit.

 

Report, 9. September 2015 (Introduction in English, Story in German)

 

 

Am Samstag nachmittag ist es kalt in München – sehr kalt. Die Temperaturen sind unter 15 Grad gefallen und ein frischer Wind fegt durch den Nordteil des Münchner Hauptbahnhofes. Noch ist alles ruhig.

 

Die Einsatzkräfte der Polizei sammeln sich hinter einer DB-Figur mit der Aufschrift „Willkommen“. Journalisten, Kamerateams und viele Münchner Bürger warten hinter den Absperrgittern, die wie ein Korridor angeordnet sind. Dieser mündet in die alte Schalterhalle, die nun als Ankunftszentrum verwendet wird. Alle erwarten mit Spannung den nächsten Zug, der mehr als 30 Minuten Verspätung haben soll. Schließlich fährt der rotgraue Railjet aus Wien auf dem Gleis 26 ein und die Polizei räumt den Platz.

 

Die Türen öffnen sich und die ersten Flüchtlinge verlassen den Zug. Auch normale Passagiere sind unter den Reisenden. Polizisten weisen den Asylsuchenden den Weg, vorbei an mehr als 100 Münchnern, die begeistert klatschen und „Welcome, Welcome!“ rufen. Viele Bürger halten Stofftiere, Bonbons und Luftballons in ihren Händen. Ein kurzer Moment des Staunens zeichnet sich in den Gesichtern der Migranten ab, die nach einer strapaziösen Odyssee durch Europa hier endlich angekommen sind. Doch dann lachen sie zurück, winken, ergriffen von dieser plötzlichen und unerwarteten Gastfreundschaft.

 

Zwischen den Polizisten läuft ein kleiner, vielleicht vier Jahre alter Junge vorbei, scheinbar ohne Eltern. Dieser Moment brennt sich einem ein: ein einzelnes Kind mit einem Stofftier, isoliert von den anderen. Wo sind seine Eltern? Im nächsten Moment ist er wieder in der Menge verschwunden.

 

 

Vielen Menschen sieht man die Erschöpfung an, nach der Tage- oder wochenlangen Reise. Ein Mann mit Strickjacke hat tiefe Furchen unter den blutgeröteten Augen. Er umklammert den Arm seiner Tochter so fest, als hätte er immer noch Angst, sie zu verlieren. Man kann vermuten, dass er alles verloren hat. Man spürt aber auch, wie stark er gerührt ist von dem herzlichen Empfang am Bahnhof.

 

Ein junger Mann, der gleich zu Beginn aus dem Railjet ausgestiegen ist, hält ein zerknittertes Bild von Angela Merkel in die Menge. Das Bild vom Flüchtling, der sich auf diese Weise bei der deutschen Bundeskanzlerin bedankt, wird später um die Welt gehen. Stunden später treffen immer noch neue Flüchtlinge in München ein – bis zum nächsten Tag werden es 20.000 sein.

 

Gegen 21.30 Uhr ist der Vorraum der Schalterhalle immer noch gut gefüllt. Beim Infopoint liegen Listen aus, in die man sich als Freiwilliger eintragen kann. Ein französischer Journalist spricht seine Berichterstattung live in die Kamera. Vor der Bahnhofshalle will ein Familienvater mit Frau und Kindern gerade in das Zelt vor dem Shuttle-Bus eintreten, als er stoppt und irritiert zur Seite blickt.

 

Ein älterer Mann hält ihm seinen Geldbeutel entgegen. Er sagt etwas auf arabisch, dann reicht er ihm einen 50 Euro Geldschein über das Gitter. Der Familienvater zögert eine Sekunde, doch dann nimmt er den Schein an und sagt auf arabisch: Danke.

 


REFUGEES WELCOME

Munich, 1.09.2015: Munich has seen more than 3000 refugees arrive at its main train station in this week, including many Syrians who boarded trains from Hungary after reaching the EU through the Balkans. At the main station, Volunteers collect supplies for the refugees.

 

Police-Officials in Munich have been forced to ask the public to stop bringing donations for arriving refugees after being inundated with clothes, toys, food and water in an overwhelming show of support.

 

Volunteers collect food, water and clothes for refugees at Munich Main Station.
Volunteers collect food, water and clothes for refugees at Munich Main Station.